Gedenktafel in der Kirche der JVA Wolfenbüttel, 2015 / Timo Hoheisel

Nach der Befreiung

Das Strafgefängnis

Nach der Befreiung des Strafgefängnisses am 11. April 1945 kam es zu zahlreichen „Selbstentlassungen“ von Gefangenen und Plünderungen der Vorratsräume. Die US Army ergriffen vorläufige Maßnahmen zur Reorganisation. Einzelne Gefangene wurden für Verwaltungsaufgaben eingesetzt und zusätzlich Hilfspersonal aus der Wolfenbütteler Arbeiterschaft eingestellt.

Ein Ausschuss der Alliierten überprüfte nach und nach den Status der ungefähr 1000 verbliebenen Gefangenen und veranlasste zahlreiche Entlassungen, insbesondere der politischen Inhaftierten. 

Im Juni 1945 übernahm das britische Militär die Verwaltung des Landes Braunschweig und damit des Gefängnisses Wolfenbüttel. Vor britischen Gerichten wurden insbesondere Deutsche und polnische Displaced Persons angeklagt, die gegen Besatzungsrecht verstoßen hatten. NS-Täter_innen, die die Alliierten in der Region aufgriffen, wurden im „Alten Haus“ des Gefängnisses inhaftiert.

Der Paragraph 175 (Verfolgung Homosexueller) blieb nach Kriegsende weiter bestehen. Die Verurteilten mussten ihre Haftstrafen komplett verbüßen und wurden häufig erst 1946 oder 1947 entlassen. Erst im Jahr 1994 wurde der Paragraph 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.

In den 1950er und 1960er Jahren waren Personen, die aus Staatsschutzgründen verfolgt wurden, im Strafgefängnis inhaftiert. Ihnen wurden Tätigkeiten und Sympathien für die Kommunistische Partei Deutschlands und deren Unterorganisationen zur Last gelegt.

Das ehemalige Hinrichtungsgebäude

Im Zeitraum zwischen Juni 1945 und Juli 1947 wurden in Wolfenbüttel noch 67 weitere Todesurteile vollstreckt, darunter 44 durch die Guillotine in der Hinrichtungsstätte. Nach der Übergabe der Verwaltung des Strafgefängnisses an deutsche Behörden wurde im ehemaligen Hinrichtungsgebäude eine Entlausungsstation eingerichtet. Im Jahr 1990 wurden durch bürgerschaftliches Engagement eine Gedenkstätte und eine erste Ausstellung eröffnet.